Mein erster "Dive-Exit"
 
Es ist der 12. August 1999. Nach dem Ereignis der Jahrhundert-Sonnenfinsternis sollte ich am darauffolgenden Tag wieder ein Erfolgserlebnis der besonderen Art bekommen.

Das Wetter in Haßfurt am Main war schön. Es waren zwar Wolken am Himmel, aber die befanden sich etwa in einer Höhe von 2000m. Außerdem war der Himmel nicht ganz bedeckt. Gegen 12.00 Uhr war ich am Flugplatz. Es waren schon einige Fallschirmspringer und Ausbilder anwesent. Der zweite Lift ist gerade nach oben und Carsten trug mich gleich in Lift vier ein. Somit waren außer meiner Person noch ein AFF-Schüler, eine Lizenzspringerin, Carsten und der Pilot an Bord. Ich bekam den Auftrag bei 2500m meinen gewohnten Exit (in Flugrichtung stehend) zu machen, stabil zu fallen und bei 1000m den Fallschirm zu ziehen. Zuerst sollte Gundula, die Lizenzspringerin, raus und dann ich. Carsten und der AFF-Schüler gehen nach unseren Exit weiter auf 3000m.

Wir starteten und beim Anflug in 2500m Höhe machte Carsten die Türe auf. Er gab kurz darauf Gundula das Zeichen zum Exit. Sekunden später sah er mich an und ich sollte in die Tür. Ich krabbelte in diese Richtung, ging mit dem linken Bein auf das Trittbrett, die rechte Hand faßte an die Querstrebe der Tragfläche, mein linkes Bein ging auf den Tritt und ich sah nach innen. "GO", brüllte mir Carsten entgegen, ich stieß mich ab und ging in Freifallhaltung. Mit zunehmender Freifallgeschwindigkeit wurde auch meine Haltung und mein Gefühl immer stabiler. Ich drehte mich zwar ganz langsam in die eine oder andere Richtung, aber das kam von meiner nicht symetrischen Körperhaltung, wie mir Helmut am Montag zuvor erklärt hatte. Ich sah auf den Höhenmesser auf meiner Brust; 2200m! Nach ein paar Sekunden und mehreren Höhenkontrollen erreichte ich die 1000m. Jetzt winkte ich ab und zog den Schirm. Für eine Sekunke tat sich nichts, aber als ich kurz meinen Kopf drehte, kam der Hilfsschirm schon nach oben und die Schirmöffnung begann. Ich erinnerte mich vorher an unseren theoretischen Unterricht und an die vielen sinnvollen Unterweisungen der Ausbilder/innen. Sollte es mal passieren, daß es sich nichts tut nachdem man den Griff zog, so kann es sein, daß sich der Hilfsschirm im sog. Lee und somit auf dem eigenen Rücken liegt. Das einzigste, das hier zu machen ist, einfach versuchen nach hinten zu schauen. Durch die leichte Körperdrehung geht der Hilfsschirm von selber in den Luftstrom und die Öffnung beginnt. Dies habe ich gemacht und so ist es passiert! Ich war nach diesem kleinen Vorfall weder nervös noch irgendwie aufgeregt. Es war einfach wie eine ganz normale Sache. Die Schirmfahrt und die Landung waren akzeptabel. Nach dem Briefing bekam ich meinen neuen Auftrag: Meinen ersten Dive-Exit!

Jürgen ging mit mir zu unserem Flieger. Scotty, der Pilot machte gerade Pause und so nutzten wir die Zeit um den Dive-Exit zu üben. Ich bekam erst einmal zwei verschiedene Versionen gezeigt und probierte diese dann selber. Es ist schon ein komischer Gedanke, daß man einen Köpfer in die Luft machen soll, aber Bammel hatte ich noch keinen. So übte ich den Exit in, der von mir für angenehm empfundenen Position. Tja, nach jeder Übung kommt irgendwann einmal die Probe und so saß ich am gleichen Tag das zweite Mal im Flieger. Diesmal war es aber ein wenig anders. Ich hatte ein leichtes flaues Gefühl im Magen; schließlich war der bevorstehende Exit doch etwas ganz anderes. Wir stiegen auf eine Höhe von 2500m und die Türe wurde geöffnet. Jürgen sah sich genau den Absprungpunkt an und dann bekam ich sein Kommando:" In die Tür!" Ich watschelte vom Heck zur Türe, drehte mich auf der Stelle um 180 Grad, kniete mich auf das links Bein. Meine rechte Hand befand sich am hinteren Türrahmen und die linke suchte Kontakt mit der Querstrebe des Flügels. Ich sah nach innen und gleichzeitig schossen mir noch einmal die Abläufe der Übungen durch meine grauen Zellen. "Go!" kam es von rechts und ich stieß mich mit dem rechten Fuß ab, nahm beide Arme nach vorne, zog die Beine an. Es war wie ein Köpfer ins Nichts. Der Luftwiderstand baute sich erst mit steigender Freifallgeschwindigkeit auf. Ich merkte, wie es mich horizontal um 180 Grad drehte und ich jetzt in den Himmel sah. Der restliche Freifall war vom Gefühl her wie der davor, aber der Exit war nur noch GUT!

Den ganzen Tag hatte ich ein Grinsen im Gesicht! Mein erster Dive-Exit, ich werde ihn nie wieder vergessen. 
 

[Nach oben]
Stand: 02.09.1999

Hier ist die Seite leider zu Ende! ;-)