Mein Tandemsprung
 
Wie alles begann:

Durch einen puren Zufall unterhielten wir uns auf der Arbeit über das Fallschirmspringen. Ein Kollege war ab und zu in Haßfurt/Main, saß am Flugplatz auf der Terrasse, genoß seinen Kaffee und sah dabei den Springern zu. Ein prächtiges Schauspiel, denn fast jeder Fallschirm hat eine andere Farbe. Ich interessierte mich schon immer ein wenig für diese Sportart. War auch gleichzeitig respektvoll fasziniert von den Leuten, welche sich da in schwindelnder Höhe aus dem Flugzeug stürzen. Als ich dann erfuhr, daß es möglich ist einen Tandemsprung zu buchen, meldete ich mich nach einigen Überlegen an. Der Sprung sollte am 26. Juli 1997 stattfinden.

Die Vorbereitungen:

Gegen 10.00 Uhr erschien ich an diesem Tag am Flugplatz. Es war bewölkt mit etwas aufgelockerten Stellen. Der Windsack neben der Landebahn bewegte sich ein wenig, mein Herz etwas schneller. Bill, meine Tandempilot, begrüßte mich und gab mir erst einmal eine Infoblatt zum Lesen. Nachdem ich jetzt mehr wußte und auch über die Gefahren des Fallschirmspringens aufgeklärt war unterschrieb ich eine Bestätigung für den Verein. „So, jetzt ziehst du erst einmal diese Kombi an!“, meinte Bill. Gesagt, getan und schon mußte ich mich auf den Boden der Sprunghalle legen, meine Arme und Beine nach oben heben. „Sei mal nicht so steif und mache mal ein richtiges Hohlkreuz. Schließlich bist du doch ein junger Mann und kein Brett!“ Nachdem ich mich noch mehr anstrengte und meine Bauchmuskel ihre Anwesentheit preis gaben, war Bill zufrieden. Mein Arbeitskollege, denn ich zum Bilder machen eingeteilt hatte, war froh diese Turnübungen nicht machen zu müssen. Er und meine andere Kollegin belächelten mein selbstgewähltes Schicksal. Jetzt durfte ich wieder aufstehen und er legte mir das Gurtsystem an. Oje, mittlerweile hatte sich der Himmel noch mehr zugezogen und alle anwesenden Springer bangten wegen dem Wetter. Wird es zu schlecht wird der Sprungbetrieb eingestellt, denn in diesem Sport ist die Sicherheit aller höchstes Gebot! Jetzt hieß es, daß alles erst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben ist, denn es gab ja noch Hoffnung, daß es doch noch klappt. Bill meinte, er könnte mir aber trotzdem schon den Sprungablauf und alles was ich wissen muß erklären. „ Wenn wir später zum Flieger gehen mußt du immer von hinten in Richtung Tür laufen und auch auf jeden Fall mit mir, denn der laufende Propeller ist sehr gefährlich und man sieht ihn fast nicht. Am Flugzeug angekommen gehe ich zuerst rein und wenn du von mir das Zeichen bekommst setzt du dich rückwärts ins Flugzeug und robbst zwischen meine Beine. Später, kurz bevor wir raus gehen, setzt du dich auf meinen Schoß und ich schnalle dich mit den Karabinerhaken bei mir an.“ „Aufgeregt?“, fragte er mich noch und ich muß gestehen, mir ging es schon besser! Ich setzte mich, mit meinen privaten Schaulustigen, in die Flugplatzgaststätte und wartete.

Der Sprung:

Nach etwa zwei Stunden kam Bill und holte mich. Ich legte mir das Gurtzeug an, Bill kontrollierte seine und meine Ausrüstung. Der Flieger stand schon bereit, der Motor wurde gestartet und in mir startete das Herz ebenfalls durch. Neben Bill lief ich in Richtung Türe und fünf Minuten später sah ich das erste Mal das Flugplatzgelände vom Innenraum dieser kleinen Cessna. Der Pilot bekam die Startfreigabe, erhöhte das Gas. Die zwei anderen Springer lächelten mir zu. Wir kamen recht flott auf Geschwindigkeit und schon waren wir in der Luft. Jetzt begann ein kleiner Rundflug über Haßfurt/Main und seiner Umgebung. Es ist sehr interessant dies von oben mal bewundern zu können. Es half mir ein wenig über meine Nervosität hinweg. Der Höhenmesser stieg immer weiter. Bei etwa 2000m gab mir Bill das Zeichen mich auf seinen Schoß zu setzen. Er schnallte mich an und mit vereinten Kräften zogen wir die Gurte stramm. Die anderen vergewisserten sich immer wieder über mein Befinden. Es ging mir aber trotzdem gut. Nach ca. 15 Minuten Flugzeit hatten wir die Absprunghöhe von 2500m erreicht. Höher ließen es die Wolken nicht zu. Der Pilot wurde noch in der Richtung genau eingewiesen und schon drosselte er die Geschwindigkeit. Einer der Springer öffnete die Türe und beugte sich etwas hinaus, damit er sehen konnte wo wir genau sind. Kaum waren ein paar Sekunden vergangen war der erste schon draußen. Der zweite lächelte mir zu, kniete sich vor diesem großen Loch und sprang mit dem Kopf voraus. Weg war er! Bill und ich robbten in Richtung Türe. Meine Beine baumelten in Flugwind. Ich sah kurz zwischen diesen hindurch und hatte freie Sicht nach unten. Bill gab das Kommando:“Ready - Set (Er zog meinen Kopf auf seine Schulter) - Go!“ Schon kippten wir nach draußen. Wahnsinn, mein Herz raste, der Wind pfiff mir in die Nase, so das ich das Gefühl hatte mir würde jemand den Kopf durchblasen. Ich wußte nicht wo oben oder unten war. Mir schossen die Tränen aus den Augen. Der Fallwind rupfte an meinem Körper. Ich kam mir beim gigantischen Anblick des Himmels, der nach oben wandernden Wolken und der weiten Aussicht so winzig und unbedeutend vor, daß man dieses Gefühl nicht beschreiben kann. Nach ein paar Sekunden gab es einen großen Ruck und bevor ich mich versah hingen wir beide schon am offenen Schirm. Die Gurte haben doch etwas an meinen Beinen gerissen, so daß ich einen leichten Schmerz spürte. Aber dazu hatte ich jetzt keine Zeit. Diese enorm große Glücksgefühl überwältigte mich ohne Gnade. Es war total still. Man hörte nur ein leises Flattern. Einfach herrlich bei 1500m durch seine Beine nach unten zu sehen und alles so deutlich zu erkennen. Die Angst und das Herzrasen wie weggeblasen. So muß sich ein Vogel fühlen, dachte ich mir. Ach wie schön es doch wäre ein Vogel zu sein! Wir glitten durch die Luft und Bill lenkte hinter mir den Schirm als wenn es ein Flugzeug mit Steuerknüppel wäre. „Wenn wir zur Landung ansetzen und ich dir das Kommando gebe nimmst du die Beine hoch, so wie ich es dir heute erklärt habe!“ kam es von hinten. Ich nickte, damit Bill weiß, daß ich ihn verstanden habe. Nach kurzer Zeit steuerten wir den Zielkreis neben der Landebahn an, wo wir schon erwartet wurden. Dann kam das Kommando und ich nahm die Beine soweit es ging nach oben. Wir glitten flach nach unten und dann rutschen wir auch schon mit unserem Hinterteil über das Gras. Wir kamen wenige Meter vor dem Zielkreis an. Bill versuchte sofort den noch offenen Schirm nach unten zu ziehen. Er hatte Probleme mich abzuschnallen, da mit meinen Gedanken ganz wo anders war. Ich wollte nur noch schreien und rumhüpfen vor Glückgefühl. Dieses Gefühl war irrsinnig! Schließlich bin ich doch auf Bill aufmerksam geworden und er trennte unsere Verbindung. Die anderen kamen und gratulierten mich.

Fazit:

Die Erfahrung dieses Tandemsprunges kann ich nie mehr vergessen. Es war mein erster Eindruck von Fallschirmspringen. Wie schon vorher erwähnt, werde ich nie das Gefühl vergessen so winzig zu sein. Mein Respekt vor der Natur und ihre Wirkung ist auf mich seit dem noch beeindruckender geworden. 
Ich kann nur jedem empfehlen zumindest einen Tandemsprung zu machen; falls persönliches Interesse besteht.

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Stand: 26.08.1999

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